Hans Kemna (1940), Casting-Direktor/Fotosammler
„Sehen, was andere übersehen“
Ich lernte Paul Verhoeven 1968 kennen, als ich in Floris die Rolle des Bösewichts Govert spielte. Meine Schauspielkarriere dauerte nicht sehr lange. Matthijs van Heijningen sagte einmal: „Du musst etwas anderes machen.“ Das war schmerzhaft, weil ich Angst hatte, dass ich alle meine Freunde von der Bühne vermissen würde. Glücklicherweise ist das gut ausgegangen: Alle meine Freunde sind immer noch Schauspieler. Der Rest sind Fotografen. Alles geht auf natürliche Weise. Während Floris hat mich Paul fast natürlich gebeten, das Casting für seine Filme zu übernehmen. Und auf meinem Grabstein wird wohl geschrieben stehen: Entdeckerin von Monique van de Ven. Ich habe 450 Gulden von Rob Houwer für Turkish Delight erhalten. Das hat er später korrigiert.
Schon in jungen Jahren kam ich im Café Pardoel am Oude Binnenweg in Rotterdam in Kontakt mit der Rotterdamer Kunstszene mit Leuten wie Daan van Golden, Woody van Amen, Klaas Gubbels und Mark Brusse. Damals fotografierte mich der Fotograf Jan Schaper mit einem Mädchen auf der Lijnbaan. Das Bild hängt immer noch in meiner Toilette. Es sah aus wie das berühmte Buch Wir sind 17 von Johan van der Keuken. Ich wollte genauso künstlerisch sein wie die jungen Amsterdamer in diesem Heft. Es war die Zeit der berühmten Steichen-Ausstellung The Family of Man und Ed van der Elskens Fotobuch A love story in Saint-Germain-des-Prés , das mir meine Mutter zum Sinterklaas schenkte. Ich glaube, da begann meine Leidenschaft für die Fotografie. Ein Vorteil war, dass Fotos damals nicht so viel kosteten wie Gemälde.
„Meine Stärke liegt eher auf der anderen Seite, auf der des Betrachters.“
Ich fotografiere auch mich selbst, aber meine Stärke liegt eher auf der anderen Seite, der des Betrachters. Genau wie in meinem Beruf. Ich kann endlos Bilder anschauen und bin sehr neugierig auf Menschen. Ich gehe immer noch jeden Abend ins Theater und liebe es, den Leuten immer wieder zuzusehen. Als Casting Director ist es wichtig, dass man weiß, wie ein Regisseur denkt. Monique van de Ven war gerade drei Monate an der Schauspielschule in Maastricht, als ich sie Paul vorstellte. Das hat sofort Klick gemacht. Zum Beispiel brachte ich damals einen Seifenstar Karina Smulders und den Regisseur der Toneelgroep Amsterdam, Ivo van Hove, und 1999 Carice van Houten mit Martin Koolhoven zusammen. Kürzlich habe ich Peter Blok als wilden Journalisten gecastet, der die intensivsten Sexszenen machen muss. Ganz anders als der gute Familienvater, den er stets in den Rollen seiner Frau Maria Goos spielt.
Mein Haus ist voller Fotografie. Von Anton Corbijn, Ed van der Elsken bis Hellen van Meene und Nan Goldin. Führung ist nur mein persönlicher Geschmack. Manchmal wachse ich mit einem Künstlergeschmack, wie bei Wolfgang Tillmans, der kaum noch Menschen fotografiert. Kürzlich habe ich Arbeiten des jungen holländischen Fotografen Paulien Oltheten gekauft. Sie sieht Dinge auf der Straße, die wir normalerweise übersehen. Das Beobachten wird für sie zur Kunstform erhoben. Sie ist fasziniert von den lässigen Posen und Bewegungen, die Menschen unbewusst machen, wenn sie draußen auf der Straße gehen. Unsere Art sich zu bewegen wird erst dann sinnvoll, wenn sie wahrgenommen wird, wie die Tasche, die auf halber Höhe am Arm des Jungen hängt, der mit seinem Handy beschäftigt ist. Das sieht sie!
[2010]
Künstler: Paulien Oltheten
Kunstwerk: TASCHE IN DER MITTE - 2009
Aus der Serie: "Einen Moment, es ist wirklich schön"
Fons Welters – 2009
Bei dem die: 750 Euro